Die Regenschirme aufgespannt, versammelten sich am Samstagnachmittag unter der Linde im Freilandmuseum viele Besucher, die meiste Angehörige der Theaterspieler, die von Museumspädagogin Linda Wolters begrüßt wurden. In der letzten Woche habe ein spannendes Theaterprojekt mit 15 Schülerinnen und Schülern der siebten Klasse der Udo Lindenberg Mittelschule Mellrichstadt stattgefunden. Silke Ohlert vom Flurtheater Weimarschmieden und das Freilandmuseum hätten die Kulisse gestellt. Innerhalb einer Woche ein Projekt auf die Beine zu stellen, sei gar nicht so einfach. Ein Faktor dabei sei die Arbeit mit Schülern, die man nicht kennt. Gewundert habe sie sich aber, dass die Kinder so gut mitgemacht hätten, und das alles freiwillig. Die Schüler waren unglaublich motiviert bei der Sache und hätten vor Energie gesprüht. Dank sagte Linda Wolters Rektor Egon Bauß, der begleitenden Lehrerin Sandra Sebald, Silke Ohlert, mit der die Zusammenarbeit gut funktioniert hat, der Museumsleiterin Ariane Weidlich, die grundsätzlich immer schon sehr aufgeschlossen gegenüber neuen Projekten und Ideen sei und die Basis lieferte, dass das Projekt stattfinden kann. Weiteren Dank sagte sie im Namen der Projektgruppe den Sponsoren, und zwar der Sparkassenstiftung Bad Neustadt, die mit Vorstandsmitglied Heiko Leidig und dem Fladunger Geschäftsstellenleiter Gerd Frickel vertreten war, für die großzügige finanzielle Unterstützung, der Volksbank Raiffeisenbank, der Bionade, die die Getränke geliefert hat und der Druckerei Mack Mellrichstadt.

Es werde ein Theaterstück geboten, das den Zuschauern vielleicht etwas ungewöhnlich vorkommt. Es besteht aus vielen kleinen Szenen, die auf Geschichten basieren, die sich die Schüler von den Großeltern haben erzählen lassen und die unser aller Vergangenheit sind. Außerdem ist es ein Stationentheater mit vielen Aufbauorten, das Publikum wandert mit dem Stück mit. Den Applaus sollten sich die Zuschauer bis zum Schluss aufsparen. Pünktlich zum Rundgang hörte auch der Regen auf.

„Folgen Sie dem Schirm!“ forderte Linda Wolters auf und ging voraus zur ersten Hofstelle. „Anna ist gestorben“, wird hier die Nachricht von Mund zu Mund verbreitet. Die zweite Geschichte erzählte von einem Mädchen, das in den Keller geschickt wird, aber Angst vor der Hexe hat. Als es mit einer Freunden runter geht, ertönt ein lang gezogenes Gezeter „Elisabeth“, beide Mädchen suchen schreiend das Weite. An der dritten Station gehen die Eltern einkaufen, während sich Klaus und Michel verkriechen. Plopp macht es vom Öffnen der Bügelflaschen. Als die Eltern zurückkommen und die beiden suchen, stolpern sie ihnen sturzbesoffen entgegen. Ein Loch ist an einem Zaun des Bauerngärtchens, Anna gießt die Blumen. Anton kommt und flickt den Zaun. 15 Jahre später kommen junge Burschen und lachen Anna aus, weil sie arm ist. Dann stapfen Soldaten daher, die Kinder fliehen. Anna wäscht am Fluss die Wäsche, die Soldaten bedrängen sie wieder und schlagen sie zusammen. Nächste Hofstelle: Die Gans „Schnackschnack“ watschelt aus dem Haus und wird überfahren. Der Vater und der Fahrer legen sie in ein Beet und decken sie zu. Dem Kind wird erzählt, dass die Gans im Urlaub ist. Der Gänsemörder meldet sich und bezahlt den Schaden. Eine neue Gans wird für die Tochter gekauft. Doch sie erkennt den Betrug. Vor dem Dreiseithof Leutershausen spielte die letzte Szene. Vater, Mutter und vier Kinder sitzen auf der Bank und fragen die Eltern, wie sie sich kennen gelernt haben. Ein verletztes Mädchen – es ist das, das am Bach zusammengeschlagen wurde – kommt zum Haus, ein junger Bursche hilft ihr. Drei Monate später fragt er sie, ob sie seine Frau werden will. 12 Jahre später haben sie vier Kinder. „Das war eine Hochzeit – Essen bis zum Anschlag!“ wurde in die Runde gerufen und dabei kräftig getanzt. „So drehen sich unsere Lebenskreise“, zogen die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler das Fazit und ernteten großen Applaus für ihr gekonntes Spiel. Und von den älteren Zuschauern konnte sich sicher mancher irgendwie in den Geschichten wieder finden.

Silke Ohlert sagte dem Team danke für das tolle Spiel. Ariane Weidlich las die Namen der Mitwirkenden vor: Klara Hartung, Lara Türpitz, Leah Thomas, Milena Uhl, Lisa Tradt, Maxim Tretjakov, Joel Fritzges, Hella Endres, Anabel Härtel, Leonie Bieber, Lisa Göpfert, Leonie Höfling, Josephine Fuchs, Nathalie Last und Paul Türk, der wegen Krankheit ausgefallen ist, der von allen anderen aber an verschiedenen Stellen ersetzt wurde. Danke sagte Weidlich noch einmal den Sponsoren, Silke Ohlert, Linda Wolters, Schulleiter Egon Bauß und Sandra Sebald für die Begleitung und Betreuung. Ohne Vergangenheit gibt es keine Zukunft, alle hätten eine tolle Zukunft vor sich, stellte sie den Protagonisten in Aussicht. Sie fand alles wunderbar, denn Geschichte besteht aus Geschichten. Viele Facetten von Familiengeschichten hätten sich zu einer runden Geschichte verdichtet. Das sei Vorstellung von Kulturarbeit. Das Museum wolle eine lebendige Plattform für die Bürger der Region sein. Jede Familie der Schülerinnen und Schüler bekam als Dank eine Jahreskarte für 12 Monate freien Eintritt in das Museum. Nach dieser Uraufführung waren alle in die Aktionsscheune eingeladen. Auch Rektor Bauß bedankte sich für das fantastische Spiel und dass das Projekt verwirklicht werden konnte. Die Zusammenarbeit mit Schule und Museum würde gut funktionieren. Eines fehle ihm im Unterricht noch: Kreativität und Theater sollten als Zeugnisnote eingeführt werden. Und Schülerin Hella bedankte sich bei Silke Ohlert und Sandra Sebald mit einem Kuchen. 

 

Text: Brigitte Gbureck

Fotos: Brigitte Gbureck & Linda Wolters