„Warum hast du nicht Nein gesagt?“
Beim Drogenpräventionstag an der Udo-Lindenberg-Mittelschule berichten Ex-Suchtkranke aus ihrem Leben
Die Udo-Lindenberg-Mittelschule Mellrichstadt verfolgt als übergeordnetes Ziel, die Schülerinnen und Schüler zu einem eigenverantwortlichen Leben zu befähigen und diese zu mutigen, selbstbestimmten und weltoffenen Persönlichkeiten zu formen – getreu dem Schulmotto „Du machst dein Ding!“. Diese Aufforderung, an sich selbst und seine Stärken zu glauben, beinhaltet auch das Thema Suchtprävention und die Fähigkeit, „Nein“ zu sagen. Denn zumindest mit legalen Drogen wie Tabak und Alkohol kommt sicherlich jeder Jugendliche früher oder später in Berührung.
Erstmals veranstaltete die Udo-Lindenberg-Mittelschule am vergangenen Donnerstag einen Drogenpräventionstag in der Schulaula – in den ersten beiden Stunden für die 5. und 6. Klassen, in der dritten und vierten Stunde für die 7. und 8. Jahrgangsstufe und in den letzten beiden Schulstunden für die 9. und 10. Klassen. Bereits im Vorfeld hatten sich Neuntklässler mit dem Thema „Drogen“ kritisch auseinandergesetzt und präsentierten ihren Mitschülern nun ihre Ergebnisse.
In einem kleinen Rollenspiel stellten Elina Grötsch (9a) und Jessica Zadel (9b) eingangs die Frage, ob Drogen denn wirklich gefährlicher sind als Alkohol und Zigaretten – wenn man einfach nicht zu viel davon konsumiert? Schülerinnen und Schüler der Klasse 9Ma informierten mittels einer Power-Pont-Präsentation mit dem Titel „Was richten Drogen an?“ nicht nur über kurz- und langfristige Folgeschäden des Drogenkonsums, sondern auch, wo es Rat und Hilfe gibt, um den teuflischen Suchtkreislauf zu durchbrechen. So etwa bei der Suchtberatungsstelle des Caritas-Verbandes im Landkreis Rhön-Grabfeld, rund um die Uhr telefonisch unter 09771/6116-0 zu erreichen. Gute Gründe zum Aufhören gibt es genug, bekräftigten die Schüler abschließend: „Weil’s einfach uncool ist, Drogen zu nehmen“. Klassenleiter Markus Hartmann konnte stolz auf seine Schützlinge sein.
Mit Spannung erwartet wurden die Erfahrungsberichte dreier Ex-Drogenabhängiger, zwei junge Männer und eine Frau, die sich derzeit in der Adaption Maria Stern (Saaletalklinik) nach zuvor stationärer Behandlung einer ambulanten Therapie unterziehen. Diese hat die berufliche und soziale Wiedereingliederung in die Gesellschaft zum Ziel, sprich: Den Weg zurück in ein „normales“ Leben nach der Drogensucht. Kein leichter Weg. „Ich werde mein Leben lang süchtig sein und muss lernen, damit zu leben“, brachte es einer von ihnen auf den Punkt. Der Kontakt wurde hergestellt vom Schul-Sozialpädagogen Martin Beck.
Begleitet von ihrer Bezugstherapeutin Sylvia Friederich, erzählten die jungen Leute schonungslos vom ersten Kontakt mit Cannabis im Alter von erst 15 Jahren, dem ständig steigenden Verlangen auch nach „härteren Drogen“ wie Crystal Meth und Kokain, bis hin zu den drastischen Ausmaßen, die ihre Sucht schließlich angenommen hatte. Diese reichten von schlimmsten Halluzinationen und Wahnvorstellungen über kriminelle Handlungen (Beklauen der eigenen Eltern, Dealen, Medikamentendiebstahl) bis hin zur völligen Isolation von Freunden und Familie. Und damit zur Einsamkeit: „Im Drogenmilieu gibt es keine Freunde, nur Mit-Konsumenten, von denen sich jeder der Nächste ist.“
Nach anfänglichem Zögern nutzten die Mittelschüler in einer Diskussionsrunde ausgiebig die Gelegenheit, den Besuchern viele Fragen zu stellen. Ihre Neugier war nun geweckt, sie wollten mehr wissen. Wart ihr euch vor dem ersten Kiffen der Risiken bewusst? Wie oft habt ihr etwas konsumiert? Wie habt ihr die Sucht finanziert? Hattet ihr Angst vor der Polizei? Und schließlich die alles entscheidende Frage aus dem Mund einer Mittelschülerin: „Warum hast du nicht Nein gesagt?“. Die Antwort blieb man schuldig.
Sicherlich habe auch der Gruppenzwang eine Rolle gespielt. Cool sein wollen, dazugehören wollen, das habe schon mit rein gespielt. Und hinterher ist man immer schlauer: „Ich wusste nicht, was die Droge aus mir macht, sonst hätte ich es niemals probiert“, versicherte einer der jungen Männer – authentisch und ohne erhobenen Zeigefinger. Ein nachdenklich stimmender Schultag also, der bei den Jugendlichen und Lehrkräften einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat und nach einer Wiederholung im nächsten Jahr ruft.